Harte Landung
Die Nacht war klirrend kalt und sternklar. Nein, nicht ganz, eine große graue Wolke schwebte am Himmel. Warum war nur genau eine zu sehen und woher kam sie? Aha, bei genauem Hinschauen war ein Rentiergespann vor einem Schlitten zu erkennen, auf dem ein alter, bärtiger Mann saß. Er trug einen roten Mantel mit einem Pelzbesatz an Saum und Kapuze, in der Farbe seines Bartes. Die Wolke schwebte mitsamt Weihnachtsgespann langsam gen Erde. Kurz vor dem Landemanöver verdampfte das sanfte, graue Kissen, und die Rentiere mit dem alten, bärtigen Mann erlebten einen harten Aufprall. Ringsherum sah der Herr im roten Mantel hohe Wände. Er fühlte sich wie in einem Kasten eingesperrt.
„Verdammt, jetzt bin ich gefangen, was ist das hier? Ich muss doch die Geschenke für Familie Huber ausliefern“, schimpfte er vor sich hin und geriet in Panik. Die Rentiere schnaubten in die kalte Winterluft und ihr Atem kondensierte in der Luft.
Dann bemerkte er, wie eine Person auf den Käfig zulief und von Weitem brüllte: „Hey, was machen Sie in meinem Swimmingpool. Sie haben die Abdeckplane zerfetzt, hoffentlich sind sie gut versichert.“
„Ach Gott, ich bin in einem Pool? Zum Glück ist kein Wasser darin. Darf ich mich vorstellen, ich bin der Weihnachtsmann.“
„Haha, das kann jeder behaupten, außerdem gibt es keinen Weihnachtsmann“, amüsierte sich der Schwimmbadbesitzer jetzt.
„Oh doch. Sehen Sie meine Rentiere vor meinem Schlitten, das hier ist Rudolph mit der roten Nase.“ Rudolph blökte laut. Der Weihnachtsmann nahm einen braunen Sack von der Schulter, öffnete ihn und zeigte die bunten Pakete.
„Hmmm, soll ich Ihnen das wirklich glauben? Wohin wollen sie die Geschenke denn bringen?“
„Zur Familie Huber, die haben zwei Kinder, ein Mädchen, einen Jungen und den Hund Benny. Für jeden habe ich ein Geschenk.“
„Oha, das ist doch hier bei uns. Dann will ich Ihnen mal helfen, aus dem Pool auszusteigen. Den Rentieren gebe ich Wasser und etwas zu fressen.“
Herr Huber schickte eine WhatsApp an seine Frau, dass sie bitte mit Hundefutter und Wasser zum Pool kommen solle. Fünf Minuten später kam sie an und wunderte sich über die eigenartige Bitte ihres Mannes, indem sie fragte: „Wozu brauchst Du Hundefutter, unser Benny hat schon gefressen.“
„Schau mal dort. Denen müssen wir helfen herauszukommen, und die Rentiere haben Hunger und Durst von der weiten Reise.“
Frau Huber machte große Augen und staunte: „Gibt es doch einen Weihnachtsmann? Wir sollten leise sein, die Kinder schlafen schon. Wenn sie diese Aktion mitbekommen, sind sie so aufgeregt, dass sie die übrige Nacht wach und aufgedreht sind und morgen den ganzen Tag müde und nörgelig.“
Mit großen Mühen befreiten sie das gesamte Weihnachtsgespann und gaben den Tieren zu trinken und zu fressen. Der Weihnachtsmann legte die Geschenke für die gesamte Familie unter den geschmückten Tannenbaum, und vom Hausherrn bekam er Glühwein und Lebkuchen als Stärkung. Inzwischen war Benny, der Hund der Familie, aufgewacht und kam aus seinem Körbchen geschlichen. Er schnüffelte und schnüffelte, dann schoss er, wie ein Pfeil, unter den Tannenbaum, riss ihn fast um und kratzte an einem Päckchen. Herr Huber war aufgesprungen und hielt den Weihnachtsbaum fest, der jetzt hin und her schwankte. Mit einem beherzten Griff zog Frau Huber Benny beiseite.
„Aha, das ist wohl das Geschenk für unseren kleinen Frechdachs, ein großer Kalbsknochen“, erriet Herr Huber. „Hat er ihn überhaupt verdient, nach dieser Attacke?“
„Hole bitte ein Leckerli zur Ablenkung und bring das Päckchen vorerst in die Abstellkammer. Das legen wir ihm morgen Abend unter den Baum“, schlug Frau Huber vor.
Nach dieser schwierigen Aktion trat der Mann im roten Mantel wieder in den Garten, ging zu seinem Schlitten mit den Rentieren und pfiff leise. Eine neue Wolke schwebte heran, das Gespann stieg auf und Santa Claus rief in die Finsternis: „Zur Familie Berger bitte.“ Zum Glück haben die kein Schwimmbad im Garten, dachte er bei sich, das wird hoffentlich eine weiche Landung.
(überarbeitet am 20.06.2024 – Emma Marie Leue)